Kurzgeschichte zum PzArtBtl 205

 

von 1975 bis 2002

In der Aufstellungsplanung der Bundeswehr waren insgesamt 36 Brigadeverbände als Kern der Gefechtsführung vorgesehen. Die Brigade war die kleinste Organisationseinheit in der mehrere Kampftruppenbataillone und Unterstützungskompanien verschiedener Waffengattungen zusammenwirkten und zu einem selbstständigen Gefecht befähigt waren. Um diese Selbstständigkeit sicherzustellen, wurde die ursprünglich vorgesehene Konzentration der ganzen Artillerie einer Division im Artillerieregiment wieder aufgegeben. Stattdessen erhielt jede Brigade ein eigenes Artilleriebataillon. Das Artillerieregiment der Division behielt nur ein Rohrbataillon für den allgemeinen Feuerkampf im ganzen Divisionsbereich und ein Raketenartilleriebataillon für nukleare Aufgaben. Um den Artillerieeinsatz im ganzen Divisionsbereich koordinieren und Schwerpunkte bilden zu können, wurde dem Regimentsstab  die Möglichkeit des Rückgriffs auf die Brigadebataillone eingeräumt.

 

Die Brigadeartillerie war in erster Linie zur Unterstützung der eigenen Kampftruppen vorgesehen und musste zu diesem Zweck eine vergleichbare Beweglichkeit und angemessenen Panzerschutz aufweisen. Aus diesem Grund wurden in den 60er Jahre alle Artilleriebataillone der Panzer- und Panzergrenadierbrigaden mit Panzerhaubitzen des Typs M 109 G ausgestattet. Nur die fünf Gebirgs- und Luftlandebrigaden behielten vorerst noch ihre Gebirgshaubitzen Kaliber 105 mm. Das Panzerartilleriebataillon mit M109 G wurde damit bei der Bundeswehr wie auch bei vielen Partnerstaaten zum Standardbataillon der Artillerie. Die Version „G“ war eine deutsche Variante des amerikanischen Ursprungstyps mit einer auf 18 km gesteigerte Reichweite. Mit ca. 590 in den Jahren 1965 bis 1971 eingeführten Exemplaren war sie das Standardgeschütz der Bundeswehr.

 

Mitte der 60er Jahre zeichnete sich ab, dass die Zielgröße von 36 Brigaden vorläufig nicht realisierbar war. Drei Panzerbrigaden konnten nur unvollständig oder gar nicht aufgestellt werden. Teilweise waren noch zwei Kampfbataillone und Versorgungsteile zusammengekommen, aber an Artillerie war nicht zu denken gewesen.  Dazu gehörte auch der dritte Brigadeverband der 7.Panzergrenadierdivision, die Panzerbrigade 20, die über zwei Kampftruppenbataillone nicht hinauskam und 1970 als Übergangslösung in das Panzerregiment 100  in Hemer umgewandelt wurde. Im Rahmen der Erprobung einer neuen Heeresstruktur und „Ausdünnung“ bestehender Verbände kam es dann Mitte der 70er Jahre schließlich doch zur Formierung der fehlenden Brigaden, was im Bereich der 7.Division vor allem die erneute Umgliederung des Panzerregiments in Hemer und die Aufstellung des bisher fehlenden Panzerartilleriebataillons  bedeutete. Zu diesem Zweck musste das erst wenige Jahre bestehende Feldartilleriebataillon 110 in Dülmen wieder angetastet werden (s.u.). Ab Oktober 1975 entstand in der St. Barbara-Kaserne mit anfangs nur zwei Feuerbatterien das Panzerartilleriebataillon 205, das bei seinem ersten Schießen 1976 noch mit einer gemischten Ausstattung aus M109 und FH 105 antrat. Als 1977 auch die 4./205 aufgestellt werden konnte, war der Verband mit 18 Panzerhaubitzen komplett.

 

Mit der Eingliederung eines Artilleriespezialzuges 1981 erhielt das Bataillon auch eine nukleare Komponente. Die Einführung nuklearer Granaten des Kalibers 155 mm bei den US-Streitkräften sollte den Wegfall der „Honest John“-Raketen ausgleichen und die Einsatzmöglichkeiten verbessern. Kritiker sahen in solch „kleineren“ und  flexibleren Gefechtsköpfen allerdings  ein größeres Risiko, da sie möglicherweise mit geringeren Bedenken eingesetzt worden wären als die „großen“ Gefechtsköpfe der Raketen. 1986 wurde der Zug wieder ins Artillerieregiment 7 eingegliedert.

 

Da sich alle Mittel und Anstrengungen zur Leistungssteigerung bei der Artillerie zuerst auf die Einsatzverbände der „ersten Line“ richteten, erlebte das Panzerartilleriebataillon natürlich schnell entsprechende Modernisierungsmaßnahmen. 1987 wurde das Bataillon in die Artilleriestruktur 85 umgegliedert und verteilte seine 18 Geschütze auf nur noch zwei Feuerbatterien. Jede Batterie verfügt nun über 9 Panzerhaubitzen, sechs Vorgeschobene Beobachter und drei Vermessungseinheiten mit neuem Richtkreiselgerät. Die Beobachter, Vermessungs- und Feuerleiteinheiten erhielten eine neue Ausstattung, die in Transportpanzer M113 eingerüstet wurde. Die neuen Beobachtungs- und Feuerleitpanzer  sollten für die Soldaten und das hochwertige Gerät den gleichen Mindestschutz gegen Splitterwirkung gewährleisten wie die Panzerhaubitzen für die Kanoniere.

 

Am 10.10. 1989 rollt ein Teil des Bataillons während einer Übung in den  frühen Morgenstunden auf der Autobahn Hannover-Hamburg zum Truppenübungsplatz Bergen-Hohne.

 

1987 wurden die M 109 G auf den Standard M109 A3 G kampfwertgesteigert. Sichtbar wurde die Modernisierung vor allem an dem längeren Rohr, das nun Schussweiten von 24 km ermöglichte.    Fahrzeugnavigationsanlagen und Datenfunk ergänzten in der Folgezeit die Neuausstattung der Haubitzen aus den 60er Jahre. In die Stabs- und Versorgungsbatterie wurden zwei Gefechtsfeldradare ABRA auf der Basis des RATAC-Radars eingegliedert, die dem Bataillon eine eigene technische Aufklärungskapazität mit größerer Tiefe gaben. Auch hier war eine Einrüstung in den M113 erfolgt.  Feldkanonen 20 mm zum Eigenschutz und MAN 10 – Tonner für den Munitionstransport machten das Panzerartilleriebataillon zu einem Verband, der dem älteren Divisionsartilleriebataillon am Standort in nichts nachstand. Mit Datenfunk, Kreiselgeräten, Fahrzeugnavigationsanlagen und Laserentfernungsmesser wurden Beobachter und Feuerzüge jeder Batterie zu einem integrierten computergestütztem Systemverbund, der binnen zwei Minuten nach der Zielortung mit Feuer reagieren und danach zum Eigenschutz Stellungswechsel machen konnten.

 

Die erste große Reduzierungsrunde nach der Wiedervereinigung stellte die Existenz des Bataillons nicht grundlegend in Frage. Die Panzerbrigade 20 wurde zwar aufgelöst, aber das Panzerartilleriebataillon 205 wechselte zur Panzergrenadierbrigade 19 in Ahlen, weil dessen Panzerartilleriebataillon 195 mit der Umwandlung der Kaserne in Handorf vom Kampftruppenstandort zum Schulstandort aufgelöst wurde. Vom Handorfer Bataillon wurde 1993 die 2. Batterie übernommen, die das Bataillon wieder auf drei Feuerbatterien zu je  8 M109 aufwachsen ließ. Das Dülmener Panzerartilleriebataillon wurde den Hauptverteidigungskräften zugeordnet, die die Ausbildung und den Aufwuchs für die Landesverteidigung sicherzustellen und damit eine etwas geringere Einsatzbereitschaft als die Krisenreaktionskräfte hatten. Das Nachbarbataillon 71 war den letzteren zugeordnet worden.

 

Das Bataillon pflegte Patenschaften zum französischen 1° Regiment d´Artillerie de Marine in Laon und zum belgischen Panzerartilleriebataillon 17.Regiment Rijdende Artillerie in Troisdorf-Altenrath. Außerdem übernahm es 1992 die Tradition des aufgelösten nicht aktiven Feldartilleriebataillons 635 aus Unna-Massen. Das aus Reservisten bestehende Bataillon war aus der Substanz der 1986 aufgelösten Feldartillerie des I. Korps hervorgegangen und mit seinen Feldhaubitzen 105 mm den Heimatschutztruppen des Wehrbereichs III (Düsseldorf) zugeordnet worden

 

Mit dem Ende der Garnison Dülmen und der Auflösung der Panzergrenadierbrigade 19 kam auch das Ende des Panzerartilleriebataillons 205 als aktive Einheit. Im Juli 2002 wurden seine Panzerhaubitzen mit zivilen Schwerlasttransportern ins Gerätedepot Herongen abtransportiert und im Oktober erfolgt die Auflösung als aktiver Verband. Als Geräteeinheit in der Verantwortung des Panzerartilleriebataillons 215 aus Augustdorf sollte das Bataillon erhalten bleiben, wurde aber dann in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts wie die meisten Geräteeinheiten aufgelöst.